Die Lebensmittelwirtschaft unterliegt nicht nur Lebensmitteltrends und Foodtrends, sondern muss sich auch mit dem technologischen Fortschritt sowie dem gesellschaftlichen Wandel auseinandersetzen. Neue Technologien und Trends verändern die gesamte Wertschöpfungskette von der Vorleistungsindustrie bis zum Verbraucher. Und nur Unternehmen, die mit diesen Veränderungen umgehen können, sind zukunftsfähig und dauerhaft wirtschaftlich überlebensfähig. Wir möchten eine Auswahl dieser Zukunftstechnologien vorstellen und aufzeigen, welche Bedeutung sie einnehmen können. Dabei ist natürlich klar, dass die vorgestellten Technologien nicht für jedes Unternehmen relevant sind und an der ein oder anderen Stelle sicherlich Fragen nach ethischen Grundsätzen sowie gesellschaftlichen Folgen aufkommen werden. Möglicherweise werden auch nicht alle Technologien die Marktreife erlangen oder sich aus regulatorischen Gründen nicht etablieren. Und natürlich muss sich auch eine marktreife Technologie am Markt durchsetzen.

Doch nun zu dem eigentlichen Inhalt. Beginnen wir ganz am Anfang bei der Urproduktion und den damit in Verbindung stehenden Entwicklungen. Im Mittelpunkt davon stehen Tiere und Pflanzen. In diesem Zusammenhang ist das sogenannte Genome Editing medial recht präsent. Darunter versteht man nicht eine bestimmte Methode, sondern eine Sammlung von molekularbiologischen Techniken, mit denen sich gezielt die DNA von Pflanzen und Lebewesen verändern lässt.

Sowohl Tiere als auch Pflanzen werden zukünftig durch Genome Editing punktuell verändert werden. Auch wenn in Deutschland derzeit (Stand April 2019) eine durch Genome Editing veränderte Arten mit Gentechnisch veränderten Organismen (GVO) gleichgestellt sind, was aus wissenschaftlicher Sicht kritisch einzustufen ist, dreht sich die restliche Welt weiter und beispielsweise in den USA werden derartig entwickelte Pflanzen kommerziell angeboten. Das transGen-Projekt führt derzeit allein 11 Projektbeispiele aus der Nutztierzüchtung auf.

Eine weitere Entwicklung, die jedoch weniger technologisch geprägt ist, ist die zunehmende Nutzung von Insekten als Eiweißquellen. Was in einigen Ländern dieser Welt als normal gilt, ist in den westlichen Industrienationen, abgesehen von ein paar Nischenprodukten, bislang noch kein Thema. Allerdings gibt es eine Reihe von Anzeichen, dass sich das ändern wird und erste Produkte gibt es bereits in den Regalen der Händler.

Wir bleiben bei der Urproduktion. Diese findet derzeit vorwiegend in ländlichen Gebieten statt. Und auch wenn das noch eine ganze Weile so bleiben wird, wird sich ein Teil der Produktion in Zukunft nicht mehr nur auf dem Acker, sondern in städtischen Farmen in Hallen und auf Dächern abspielen (Urban Farming). Gründe dafür gibt es zahlreiche. Einer der treibenden Gründe ist, dass bis 2050 rund 70 % der Bevölkerung weltweit in Städten leben wird. Ein weiterer Grund sind zunehmende Extremwetter, die zu Ernteausfällen führen. Das ist insbesondere in Entwicklungsländern problematisch. Beispielsweise der Anbau von Salat und Gemüse mit Hydrokulturen wäre daher eine wetterunabhängige Lösung. Urban Farming bezieht sich auch keinesfalls nur auf Pflanzen. Betrachtet man den Trend der zunehmenden Nutzung von Insekten als Eiweißquelle, gibt es keinen Grund, warum man diese ausgerechnet in ländlichen Regionen züchten sollte. Allerdings gehen Experten derzeit noch davon aus, dass die Insekten vorerst primär als Futter für Geflügel oder Aquakulturen verwendet werden. Derzeit sind die genutzten Technologien noch zu teuer, um mit dem klassischen Produktionsmethoden in ländlichen Gebieten mitzuhalten. Aber auch das dürfte sich in den nächsten Jahren ändern.

Ebenfalls ändern dürfte sich die Art und Weise der Fischerei. Die Anzahl hoch moderner Aquakulturen in natürlichen Gewässern, vor allem im Meer, wird zunehmen. Zunehmen werden aber auch Kreislaufsysteme, die von natürlichen Gewässern getrennt sind. Diese bieten vor allem ökologische Vorteile und können mit anderen Produktionsanlagen, Haustechnik oder Industrieanlagen gekoppelt werden.

Gekoppelte Produktionssysteme werden insgesamt voraussichtlich auch zunehmen. Eine besondere Art verkoppelter Produktionssysteme sind sogenannte Agroforstsysteme. Einfach gesagt werden dabei Flächen nicht nur forstwirtschaftlich, sondern auch landwirtschaftlich genutzt. Zwischen Bäumen und Hecken werden also Gemüse, Früchte und Gewürze angebaut oder Viehzucht betrieben. Es handelt sich dabei um eine sehr intensive Flächennutzung, was prinzipiell keine neue Idee ist. Allerdings fehlt derzeit der wirtschaftliche Betrieb im großen Maßstab. Eine Lösung für diese Herausforderung besteht in der Nutzung von speziellen Robotern. Durch ihren Einsatz dürften Agroforstsysteme auch in größerem Maßstab gewinnbringend bewirtschaftet werden können.

Und das ist schon das nächste Stichwort:  Roboter. in den nächsten Jahren werden alle erdenklichen Formen von Robotern in praktisch allen Lebensbereichen auftauchen. Das bedeutet, dass im Grunde jeder, der geschäftlich tätig ist, sich mit Robotik auseinandersetzen sollte. Und gerade wenn es um Erntehelfer oder Precision Farming geht, werden wir noch wahre Wunder der Technik sehen. 

Eine solche unglaubliche Idee sind Insektenroboter. Diese werden vereinfacht gesagt nach zwei Ansätzen unterschieden. Und zwar gibt es elektromechanische Insekten, die der landläufigen Vorstellung eines Roboters entsprechen, und biologische Lebewesen, die mittels eines Interface gesteuert werden können. Letzteres ist allerdings aufgrund ethischer Fragestellungen kritisch zu betrachten. Allerdings bieten sich eine Reihe von Anwendungen, angefangen bei der Überwachung und Aufnahme von Sensordaten über Transportaufgaben bis hin zur Schädlingsbekämpfung. Aufgrund des breiten Anwendungsspektrums ist es daher nicht verwunderlich, dass vor allem das Militär seit Jahrzehnten an derartigen Cyborg-Insekten forscht. Einsatzmöglichkeiten entlang der Lebensmittel-Wertschöpfungskette gibt es vielfältige. So könnten Insektenroboter Pflanzen bestäuben, sensorische Aufgaben (z.B. Überwachung) erfüllen oder in der Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden.

Weniger unglaublich, aber ebenfalls im Themenbereich der Robotik siedeln sich Exoskelette an. Sie werden in naher Zukunft menschliche Arbeiter bei schweren, körperlichen Tätigkeiten unterstützen. Diese Entwicklung betrifft natürlich auch die Landwirtschaft sowie die Lebensmittellogistik.

Im Zuge der zunehmenden Automatisierung und Robotik werden auch neue Werkstoffe und intelligente Struktursysteme (Stichwort Adaptronik) an Bedeutung gewinnen und die Bionik wird eine Renaissance erleben. Die Adaptronik nutzt sogenannte Wandlerwerkstoffe, die ihre Form oder eine andere Eigenschaft z.B. durch elektrischen Strom verändern. Auf diese Weise können u.a. Schwingungen gemindert werden, die empfindliche elektronische Platinen in Fahr- und Flugzeugen oder Robotern vor Erschütterungen schützen. Eine andere Anwendung sind Mikropumpen und Mikroantriebe, die wiederum in Drohnen minimale Mengen Pflanzenschutz oder Düngemittel exakt positioniert ausbringen könnten. Aber auch beim sogenannten Energy Harvesting, also bei der Gewinnung von kleinen Mengen elektrischer Energie z.B. aus Vibrationen oder Strömungen, spielen neue Werkstoffe eine Rolle. Die dafür eingesetzten Nanogeneratoren sind vor allem für IoT-Anwendungen interessant. 

Und auch smarte Verpackungen setzen auf neue Werkstoffe und Technologien. Angefangen bei zunehmend besser recycelbaren oder kompostierbaren Kunststoffen bis hin zu Sensorik, die in die Verpackungen integriert werden kann. Außer Temperatur und pH-Wert kann damit zum Beispiel die Mikrobiologie eines Lebensmittels direkt erfasst und so dessen Unbedenklichkeit detektiert werden. Das Mindesthaltbarkeitsdatum kann auf diese Weise vollkommen neu bewertet und die Menge der Lebensmittelabfälle erheblich reduziert werden. Intelligente Verpackung bedeutet außerdem auch zunehmende Funktionsintegration. Das kann z.B. eine Optimierung für den Versandhandel oder die Zubereitung des Lebensmittels sein, man könnte aber auch die Verpackung beim Prozessieren des Lebensmittels bereits im Produktionsprozess verwenden. 

Die Optimierung von Verpackungen für den Versandhandel führt direkt zum nächsten Megathema: dem Onlinehandel mit Lebensmitteln. Der Onlinehandel im Allgemeinen wird zunehmen und auch im B2B-Geschäft immer wichtiger. Derzeit gilt allerdings der Lebensmittel-Onlinehandel als die Herausforderung schlechthin. Alle wissen, dass er kommen wird und reden darüber. Aber keiner weiß genau wann und wie und wer oder was die treibende Kraft für den Durchbruch sein wird. Der Umgang mit den nötigen Verpackungen und die letzte Meile generell werden sich dazu erheblich verändern. Besonders interessant wird es, wenn die derzeitigen Händler ihre Macht an Plattformen verlieren und zunehmend Software in den Einkaufsprozess eingeschaltet wird (Plattform und Protokollökonomien). Denn dann wird das Handelsvolumen so groß werden, dass auch Investitionen in Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) für vollkommen neue Einkaufserlebnisse sorgen. So wird ein mit KI-Technologie ausgestatteter Avatar die Rolle eines Fachberaters direkt im Wohnzimmer oder in der Küche übernehmen und bei der Auswahl gleichzeitig Zubereitungshinweise geben, die bei Bedarf auch später im Zubereitungsprozess abgerufen werden können.

Aber natürlich werden VR und vor allem AR auch auf anderen Stufen in der Lebensmittel-Wertschöpfungskette eingesetzt werden. Sei es bei der Montage, bei Wartung oder Reparatur von Produktionsanlagen, in der Ausbildung und in der Landwirtschaft, in der Logistik oder in der Gastronomie.

Und damit kommen wir zum nächsten populären Vertreter von Zukunftstechnologien, genauer gesagt von einer der Querschnittstechnologien schlechthin. Die Blockchain-Technologie, oder besser gesagt die Distributed-Ledger-Technologie (DLT) allgemein birgt disruptives Potenzial entlang der gesamten Lebensmittel-Wertschöpfungskette. Angefangen bei der Absicherung von Handelsgeschäften über den Zahlungsverkehr bis hin zur Finanzierung bietet sich der Einsatz an. Insbesondere wird durch den Einsatz von DLT die Notwendigkeit von Intermediären, wie Händlern, Börsen oder Vermittlern reduziert. DLT ermöglichen außerdem vollkommen neue Geschäftsmodelle und ermöglichen eine rentable Direktvermarktung für Produzenten, die bisher zwingend auf die Agrarhandelsstrukturen angewiesen waren. Aber auch Produzenten der verarbeitenden Prozessindustrie können die Handelsstrukturen damit umgehen. Weltweit könnte die Bedeutung von DLT auch darin liegen, dass Dank ihr Kleinbauern, die bisher vor allem Subsistenzwirtschaft betreiben, einen echten Marktzugang erhalten. Sicherlich werden die derzeitigen Blockchains, die auf dem Prinzip der Bitcoin-Blockchain basieren, von neueren Varianten abgelöst. Denn sowohl der Energieverbrauch als auch die Anfälligkeit bei sogenannten 51-Prozent-Attacken stehen einem sinnvollen ökologischen und ökonomischen Einsatz noch im Wege. Aber das dürfte ein lösbares Problem sein.

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Wenn man an Automatisierung im Allgemeinen denkt, landet man mit Blick in die Zukunft schnell beim Thema künstliche Intelligenz (KI). Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich dabei um Software, die bestimmte Muster erkennt und darauf basierend entsprechend vorher definierter oder erlernter Regeln reagiert. Die Technologie ist für nahezu alle Wirtschaftsbereiche relevant. Die Lebensmittel-Wertschöpfungskette ist demnach ebenfalls davon betroffen. Sie kommt bei der Automation von Prozessen in Produktion und Verwaltung, beim Treffen von Entscheidungen oder bei der Unterstützung allgemeiner Aufgaben zum Einsatz. Krankheiten von Pflanzen und Tieren können erkannt, Zustände identifiziert und Handlungsempfehlungen gegeben werden. Aber auch die Bearbeitung von Reklamationen, Kundenanfragen oder in Marketing- und Vertriebsprozessen sind bereits heute eine Reihe von Anwendungen praktisch für jedes Unternehmen verfügbar. In Kombination mit Robotik, Protokollökonomie und DLT stellen KI-Technologien die Grundlage dafür, dass ganze Produktionssysteme in Zukunft mehr oder weniger autonom agieren werden. Und das wird nicht nur die Unternehmen verändern, sondern unsere gesamte Gesellschaft. Wer jetzt vielleicht glaubt, dass diese Annahme übertrieben sei, begeht einen schweren Fehler. Denn KI mag zwar abstrakt wirken, ist aber an vielen Stellen bereits nicht mehr wegzudenken. Einen guten Vergleich hat der Venture-Capitalist Thomas Adrae vor einiger Zeit im Rahmen eines Vortrags geliefert. Er verglich den Einsatz von KI mit einem ICE, der nachts einen Durchgangsbahnhof passiert. Man sieht in weiter Ferne ein paar Lichter, erkennt den Zug aber noch nicht. Wenn die Lichter nah genug sind und man erkennt, dass es sich um einen ICE handelt, ist der Zug auch schon fast an einem vorbeigefahren. Soviel also zur Marktdiffusion und der damit verbundenen Entwicklungsdynamik von KI.

Allerdings wird es trotz der schnellen Entwicklung nicht gleich übermorgen zum flächendeckenden Einsatz von umfangreichen KI-Systemen kommen. Im übertragenen Sinne wird es eher nächste Woche werden. Bis dahin dürften in größeren Unternehmen technologische Zwischenschritte eingeführt werden, die auch auf KI-Technologen basieren. Eine solche Entwicklung stellt die sogenannte Robotic Process Automation (RPA) dar. Dabei handelt es sich um Software, welche die bis dato menschliche Arbeitskraft ersetzt. Sie ahmt die normalerweise vom Menschen durchgeführten Tätigkeiten wie Bewegungen der Maus, das Klicken oder die Eingabe von Daten nach. Natürlich sind dafür weder Maus noch Tastatur oder Bildschirm erforderlich. Einsetzbar ist RPA in praktisch allen Bereichen der Verwaltung und kann die Prozesskosten erheblich senken. Derzeit ist RPA für viele Unternehmen noch kein Begriff, wird aber schon in Kürze sehr viele menschliche Arbeitskräfte ersetzen – ob man das wahrhaben will oder nicht. Noch ist RPA recht teuer, sodass sich der Einsatz erst in größeren Unternehmen ab etwa 2.000 Mitarbeitern wirklich lohnt. Allerdings kann man davon ausgehen, dass die Kosten schnell sinken werden und eine Verbreitung auch in kleineren Unternehmen stattfinden wird. Denkbar sind auch spezielle Lösungen für die Automation der Verwaltung in der Landwirtschaft inklusive der Bearbeitung von Antrags- und Berichtsdokumenten, die heute auch bei Verwendung moderner Software noch vielfach manuell gefüllt werden müssen.

Das gilt natürlich nicht nur für RPA, sondern für Automatisierungstechnik im Allgemeinen. Derzeit sind Roboter und automatisierte Prozesse noch eine Domäne größerer Unternehmen. Allerdings wird sich auch das ändern. Auch an dieser Stelle sehen viele vor allem die Landwirtschaft als typisches Anwendungsfeld für Roboter, da die landwirtschaftliche Produktion bereits heute auf modernste Arbeitsmaschinen setzt und auf absolute Effizienz angewiesen ist. Aber auch im Lebensmittelhandwerk sowie in der Verarbeitung dürften zunehmend Roboter an den Stellen eingesetzt werden, an denen heute noch Handarbeit vorherrscht, wie beispielsweise beim Verpacken von empfindlichen Waren oder bei der Reinigung von Maschinen, Anlagen und Räumen.

Ein wichtiges Themenfeld, welches vom Trend früher oder später zu einer Grundvoraussetzung im Wirtschaftsleben werden wird, ist die Nachhaltigkeit. Ein prinzipiell sehr weitreichender, diffuser Begriff. Im Zusammenhang mit Verpackungen wurden oben bereits die Themen Recycling und biologische Abbaubarkeit thematisiert. Allerdings sind beim Thema Lebensmittelproduktion auch der Wasser- und Energieverbrauch sowie die Freisetzung von Treibhausgasen und die Belastung der Umwelt mit Pflanzenschutz- und Düngemitteln ein Problem. Beim Energieverbrauch, werden nun sicherlich viele an Solarenergie, Windkraft und Elektroautos denken. Aber auch wenn gerade alle Elektroantrieb schreien, wird es in Zukunft Verbrennungskraftmaschinen geben, die mit Wasserstoff oder Biogas (verhältnismäßig hoher Wasserstoffanteil z.B. bei Methan gegenüber Benzin und Diesel) betrieben werden. Denn die Erzeugung von Biogas ist nicht nur mit in der Landwirtschaft anfallenden Rohstoffen, Klärschlamm oder Abfällen möglich, sondern auch mit Grünschnitt, der quasi überall entlang von Straßen und in Gärten anfällt. Derzeit fehlt allerdings noch die Infrastruktur. Außerdem wird durch Technologien, die Kohlendioxid aus industriellen Prozessen bindet, das Thema CO2-Ausstoß zwar nicht weniger wichtig, verliert gegenüber heute aber an medialer Präsenz. Die wirtschaftliche Bedeutung wird allerdings davon abhängen, ob und wie die Politik die Besteuerung von CO2-Ausstoß handhaben wird und welche Nutzungsmöglichkeiten das industriell gebundene CO2 ermöglicht. Und natürlich werden Elektroantriebe trotzdem weiter zunehmen und damit auch die Stromerzeugung mit Biogas, Photovoltaik sowie Wind- und Wasserkraft an Bedeutung gewinnen. Dabei werden kleine, dezentrale Systeme wichtig, die auch lokal Energie speichern und wandeln können. Auch hier wird man an Funktionsintegration denken, wie z.B. mit Pumpen, die auch als Generatoren eingesetzt werden können. Aber auch Systeme, die auf Solarthermie, also der Nutzung von Solarenergie in Form von Wärmestrahlung basieren dürften sich deutlich weiter verbreiten. Man kann davon ausgehen, dass Kreislaufprozesse in der Urproduktion eine maßgebliche Rolle spielen dürften.

Beim Thema Nachhaltigkeit darf natürlich das Wasser oder besser gesagt der Wasserverbrauch sowie die Reinhaltung von Gewässern nicht fehlen. Der Wasserverbrauch in industriellen Prozessen ist heute teilweise schon sehr gering. Und auch wenn in Deutschland derzeit keine Wasserknappheit besteht, ist das Thema weltweit von erheblicher Bedeutung. Effiziente Prozesse, Maschinen und Anlagen spielen daher eine immer bedeutendere Rolle. Dort, wo heißes Wasser oder gar Wasserdampf benötigt wird, ist der Druck noch größer, da die dabei entstehenden Energiekosten direkt mit der Wassermenge zusammenhängen. Wasserverbrauch spielt aber auch in der landwirtschaftlichen Urproduktion eine Rolle. Insbesondere die Fleischproduktion benötigt hier erhebliche Mengen Wasser. Ähnlich, wie auch der Ausstoß von Treibhausgasen im Zusammenhang mit der Viehzucht, stellt sich hier die Frage nach der zu optimierenden Zielfunktion, die in Zukunft sicherlich nicht nur den Energie- und Wasserverbrauch als Kenngrößen berücksichtigen wird. Vielmehr werden hier weitere Faktoren an Bedeutung gewinnen. Ein sehr spannendes Feld, welches sicherlich noch für etliche Diskussionen und vermutlich überraschende Entwicklungen sorgen wird. 

Im weitesten Sinne mit dem Thema Nachhaltigkeit verbunden sind auch Ernährungsweisen, die vegetarisch oder gar vegan sind, sowie die Verknüpfung von Gesundheit mit der Ernährung. Daraus leiten sich gleich eine ganze Reihe von Trends ab, wie z.B. die Erschließung alternativer Eiweißquellen oder das Zusammenwachsen der Ernährungsindustrie mit der Pharmaindustrie. Das bedeutet einerseits, dass die jeweiligen Rohstoffe (z.B. Lupinenmehl, Algen) produziert werden müssen, andererseits sind Produktionsprozesse dafür zu entwickeln. Die Urproduktion wird sich demnach mit weiteren Sorten (sowohl alte Sorten als auch neue Züchtungen) befassen und auch die Prozesstechnik der Lebensmittelindustrie muss darauf angepasst werden. Und natürlich bietet sich auch dem Lebensmittelhandwerk ein neues Betätigungsfeld.

Die Verknüpfung von Gesundheit und Ernährung ist bereits seit langem ein wichtiges Thema und schreitet fort. Angefangen bei Nahrungsergänzungsmitteln für einen sportlichen, gesunden Lebensstil über Free-From-Produkte bis hin zur Margarine, die aktiv den Cholesterinspiegel senken soll (Stichwort Novel-Food-Produkt), kennen wir das bereits heute. In Zukunft wird allerdings die Verknüpfung von Ernährung und Gesundheit auch Verknüpfung von Medizin und Ernährung bedeuten, was wirtschaftlich gesehen eine zunehmende Kooperation von Pharma- und Ernährungsindustrie mit sich bringt. Das wird nicht nur zu neuen Produkten, sondern auch zu vollkommen neuen Ernährungsphilosophien führen – und sicherlich auch zu dem ein oder anderen Diskurs sowie über die dafür mit Sicherheit zu überarbeitende Regulatorik.

Alle diese möglichen Entwicklungen werden in den nächsten Jahren eine Rolle spielen. Was sich letztlich am Markt durchsetzt und was davon in der Bedeutungslosigkeit verschwindet kann natürlich niemand mit Sicherheit sagen. Mit Sicherheit kann nur gesagt werden, dass alles anders wird. Treibende Faktoren werden dabei mit Sicherheit der Klimawandel, die zunehmende Weltbevölkerung und die Tatsache sein, dass die Weltbevölkerung nicht nur wächst, sondern im Schnitt auch immer älter wird.

Die Frage, die sich dabei jeder stellen muss: Und was genau bedeutet das nun für mein Unternehmen?