Angebote zu entwickeln, die von den Kunden gerne angenommen und adäquat bezahlt werden, ist keine leichte Aufgabe. Kaum ein Unternehmer kennt dieses Problem nicht. Oft ist das Produkt zwar technisch genial, lässt sich aber nur schwer bedienen. Oder aber Funktionalität und Bedienung sind spitze, dafür wird aber ein Problem gelöst, welches gar nicht existiert. Und wenn man an durchsetzbare Erzeugerpreise denkt, wird das Problem besonders deutlich. Die Gewinnung von Informationen, was Kunden wollen und brauchen, ist daher von zentraler Bedeutung für jedes Unternehmen. Oftmals wird dieses Wissen aber entweder überhaupt nicht systematisch generiert oder es werden Fehler bei der Interpretation der Kundenantworten gemacht. Wir möchten daher erläutern, wie man sich dieser Herausforderung nähern kann.

Die Aufgabe eines Unternehmens ist es, Kundennutzen zu stiften. Anders kann es seine Angebote nicht vermarkten. Dabei ist es vollkommen egal, ob das Unternehmen Produkte oder Dienstleistungen anbietet und an welcher Stelle es in der Wertschöpfungskette steht. Im Zentrum stehen immer die beiden Fragen:

  1. „Welche Probleme kann ich für meine Kunden lösen?“ und
  2. „Was möchten meine Kunden wirklich haben?“

Spätestens jetzt kommt eigentlich fast immer der Einwurf, dass man auch wissen muss, was der Kunde bereit ist dafür zu bezahlen. Das ist zwar richtig, an dieser Stelle jedoch noch vollkommen irrelevant!

Um die zwei obigen Fragen zu beantworten, muss man unbedingt mit bestehenden und zukünftigen Kunden sprechen. Man muss ihnen zuhören und versuchen sie zu verstehen. Das ist übrigens etwas vollkommen anderes als sie zu belehren. Es geht auch nicht darum, Fachgespräche zu führen. Das einzige Ziel ist es, die Information darüber zu erlangen, was die Kunden wirklich wollen. Mit Zuhören alleine ist es dabei aber auch nicht getan. Vielmehr müssen passende Fragen gestellt werden. Und wenn man nicht genau weiß, wie die passende Frage lautet, dann fragt man schlicht „warum?“, so wie es auch Kinder tun.

Was einfach klingt, ist dennoch keine leichte Aufgabe, selbst für namhafte Unternehmen. Denn wie so oft steckt der Teufel im Detail. Häufig liegt der Kundennutzen nämlich im Verborgenen. Besonders deutlich wird das anhand eines Zitates von Henry Ford. Er soll gesagt haben: „„Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt schnellere Pferde.“ Den Menschen damals ging es allerdings nicht um Pferde. Vielmehr ging es ihnen darum, komfortabel und schnell von A nach B zu kommen.

Aber wie soll man nun vorgehen, um genau an diese Information zu gelangen? Im Grunde gibt es dazu nur eine Möglichkeit: Ran an die Kunden! Am besten ist es, sich heranzutasten. Dabei sollte man möglichst alle Randbedingungen und Hintergrundinformationen dokumentieren. Das klingt aufwendig und zeitintensiv, was es auch ist. Es gibt Berater und Fachbuchautoren, die ihren Kunden sogar Praktika bei deren eigenen Kunden nahelegen. Und wenn man ehrlich ist, ist das eine gute Idee. Denn es zwingt einen zu einer intensiven Auseinandersetzung mit der Problemstellung. Angefangen bei der Frage, wer eigentlich die eigenen Kunden sind (Welche Zielgruppen gibt es überhaupt?) bis hin zur Fragestellung der Dokumentation und Aufbereitung der gewonnen Informationen.

Die Frage nach der Zielgruppe ist in vielen Fällen schnell geklärt. Sind die Kunden eher heterogen, so muss analysiert werden, was die wichtigste Zielgruppe ist. Je nach Markt ist das mehr oder weniger aufwendig. Unternehme mit klarer Vision und Strategie haben dabei den Vorteil, dass sie aus der Schar ihrer Kunden in der Regel diejenigen identifizieren können, die für ihre Zielerreichung am wichtigsten sind.

Was die Dokumentation und Aufbereitung von Informationen über die Bedürfnisse des Kunden angeht, ist die Möglichkeit an Ansätzen mittlerweile recht unüberschaubar. Wir empfehlen typischerweise Design Thinking oder das Value Proposition Design als Herangehensweisen, da sie auf Forschungsergebnissen basieren und sehr gut dokumentiert sind. Außerdem erleichtern beide Methoden praktisch jedem das ergebnisoffene Arbeiten, was für die Entwicklung von Neuem von entscheidender Bedeutung ist. Warum ist das wichtig? Ganz einfach: Wenn Henry Ford das nicht getan hätte, wäre auch er wahrscheinlich sehr schnell wieder bei Pferden oder anderen Tieren, die sich vor Kutschen spannen lassen, gelandet.

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Es geht aber auch sehr viel pragmatischer. Beispielsweise befragt Rewe derzeit (Februar 2019) Kunden dazu, welche Müslirezeptur ihnen besser schmeckt, um die Rezeptur der Eigenmarke optimal im Sinne der Käufer zu gestalten. Und das ist nicht die erste Runde, in der das Unternehmen Kunden um ihre Meinung zu Produkten bittet. Ein weiteres sehr gutes Beispiel für die Gewinnung von Informationen darüber, was Kunden eigentlich wollen ist das Unternehmen littlelunch GmbH aus Augsburg. littlelunch produziert hochwertige Eintöpfe und Suppen, die über den eigenen Onlineshop und den Handel vertrieben werden. Oft sind die Produkte (insbesondere saisonale Aktionen) trotz des vergleichbar hohen Verkaufspreises schnell vergriffen. Das gelingt nur, wenn man sehr genau weiß, was die Kunden wollen. littlelunch schafft das mit einer starken Community, mit der interagiert wird. Auf diese Weise erhalten die Kunden Informationen über neue Produkte, Ideen und Aktionen, gleichzeitig bekommt littlelunch direktes Feedback.

Und an dieser Stelle lässt sich nun auch die Frage beantwortet, welchen Preis ein Kunde für etwas zu zahlen bereit ist. Wenn man exakt den Nutzen stiftet, der die Bedürfnisse der Kunden vollständig  befriedigt, lassen sich nämlich auch hohe Preise durchsetzen. Und wenn man den Kunden genau zugehört hat, wird man auch ein Gespür dafür erhalten, welchen Preis sie bereit sind zu zahlen. Man kann sie auch einfach danach fragen. Aber bitte erst, wenn man das Angebot entwickelt hat. Ansonsten sind die Antworten wertlos!

Unabhängig davon, ob man mit einem methodischen Rahmen arbeitet oder sich seine eigenen pragmatischen Wege schafft, wichtig ist in jedem Fall die absolute Kundenzentrierung und die Bereitschaft seine Ergebnisse auf dem Markt zu testen. Im Idealfall baut man den Kundenkontakt so gut aus, dass aus einer ursprünglich einmaligen Erhebung ein mehr oder weniger kontinuierlicher Kommunikations-Prozess wird. Man schätzt die Kunden durch direkte Kommunikation und authentische Information und erhält direktes Feedback. Auf diese Weise können auch Trends und verändertes Konsumentenverhalten schnell erkannt und darauf reagiert werden. Beide Seiten sind zufrieden.

Abschließend noch ein paar Worte zum Thema Marktforschung. In der letzten Zeit wird häufig auf die Diskrepanz zwischen Marktforschungsergebnissen und dem tatsächlichen Käuferverhalten hingewiesen. Das ist dahingehend nicht ganz korrekt, da die Analyse des Käuferverhaltens ein Teilgebiet der Marktforschung ist. Dennoch bleibt der Sachverhalt, dass bei Verbraucherbefragungen vergleichsweise viele Personen angeben, mehr Geld für Tierwohl, regionale oder nachhaltig produzierte Waren ausgeben zu wollen, sich diese Absicht an der Kasse aber nicht bestätigt. Woran liegt das? Mit Sicherheit liegt das nicht daran, dass die befragten Verbraucher Heuchler und Lügner sind. Es liegt vermutlich viel mehr daran, dass das, was sich die befragten Verbraucher bei der Beantwortung vorstellen, nicht mit dem übereinstimmt, was man ihnen mit gesichtslosen Siegeln auf uniformer Ware im Nachgang anbietet. Denn wie auch die BVE (Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie) auf ihrer Webseite schreibt: Essen ist aber auch Teil von Tradition und Kultur und somit auch unter sinnlichen Aspekten zu betrachten.“ Und genau darum geht es: Tradition, Kultur – Werte eben. Auch hierzu hat die Marktforschung (sogar im Auftrag großer Branchenverbände) bereits Antworten geliefert. Sie werden nur nicht umgesetzt. Die Marktforschung funktioniert. Man muss die Ergebnisse nur richtig einsetzen wollen.