Betrachtet man die aktuellen Trends, so spielen ein verändertes Konsumentenverhalten und der damit einhergehende Wunsch nach Transparenz in der Lebensmittelproduktion eine immer größere Rolle. Wenn man als Beratungsunternehmen Hilfestellungen entwickelt, mit denen man die Produzenten, die Verarbeiter, den Handel und letztlich auch die Verbraucher dabei unterstützen kann, transparenter zu sein und die zur Verfügung gestellten Informationen aktiv nutzen zu können, treten insbesondere 4 Fragen auf:

Was ist eigentlich diese Transparenz im Bezug auf Lebensmittel und ihre Produktion? Welchen Mehrwert haben Verbraucher und Produzenten davon? Von welcher Richtung kommt die Forderung nach Transparenz eigentlich und was wird damit bezweckt? Oder handelt es sich um einen zu allgemeinen Modebegriff unter dem sich konkret niemand etwas vorstellen kann?

Viele Verbraucher haben den Wunsch, die Herkunft der Produkte zu kennen. Im Zuge der vielen Lebensmittelskandale in der jüngsten Vergangenheit, wird der Wunsch nach heimischen und regionalen Produkten immer größer. Doch reicht es aus zu wissen, wo zum Beispiel das Rind aufgezogen und geschlachtet wurde, bevor es fertig abgepackt in der Kühltheke des Supermarktes landet? Reicht es, den „durchsichtigen“ Landwirt zu haben, bei dem man sich die Produktion und damit eigentlich nur punktuell die Aufzucht der Rinder ansehen kann?

Häufig wird vergessen, dass nicht nur die Aufzucht eines Tieres an sich von Interesse ist. Die Produktion z.B des fertigen Rindersteaks beginnt schon weit vor der Aufzucht. Alleine am Beispiel des Futtermittellieferanten wird die Komplexität deutlich: Dieser wird von Weizen- und Maisproduzenten beliefert, welche Ihre Felder wiederrum mit gekaufter Saat und Dünger bestellen, muss Weizen und Mais unter Umständen in einer Mühle zerkleinern lassen um dies dann zum fertigen Futtermittel zusammen zu stellen. Schon dieser Schritt in der Produktion ist mit einfachen Mitteln für den Verbraucher nahezu nicht darstellbar. Und hilft ihm auch nicht. Auch innerhalb des Betriebes geht es weit über das reine Füttern des Tieres hinaus: Es fängt bei der Stallhygiene an, geht über die medizinische Versorgung und endet im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Mist.

Doch was bedeutet überhaupt Transparenz? Was verstehen die Verbraucher darunter und wie viel Informationen sind hilfreich und sinnvoll?

Die Studie „Verbraucherverständnis von Transparenz“ hat sich bereits Ende 2014 der Frage angenommen, was Verbraucher eigentlich unter Transparenz verstehen. Das überraschende Ergebnis besagt, dass 38% der Verbraucher es „nicht wissen“ oder „ihnen nichts dazu einfällt“. Immerhin ein nahezu gleich großer Anteil der befragten Verbraucher (43%) versteht unter Transparenz „Herkunftsinformationen der Produkte“ oder Informationen über die „Zusammensetzung eines Lebensmittels“.

Im Gegenzug ist es für 82% der Verbraucher wichtig, dass Sie im Gegenzug für ihr Geld auch Qualität erhalten, gleichzeitig sind aber nur 20% der Verbraucher bereit „für mehr Informationen auch mehr zu bezahlen“.

Auch interessant:   Der Tag des Bieres 2017

Wenn Information allerdings ein Kundennutzen ist, stellt sie ein Wertangebot des Lieferanten dar. Dieses kann nicht kostenlos sein. Schon im 19 Jahrhundert stellte der britischer Schriftsteller und Sozialphilosoph John Ruskin fest:

The common law of business balance prohibits paying a little and getting a lot…. It can’t be done.

Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten … Das funktioniert nicht.

Es kann somit nicht funktionieren, einerseits wissen zu wollen, welche Produktionsbedingungen, Stoff- und Energieströme hinter einem Produkt stecken aber im starken Gegensatz dazu nicht für diese Information bezahlen zu wollen. Und darüber hinaus gehören gerade mal 23% der Verbraucher zu den „Anspruchsvoll-Detail-orientierten“-Verbrauchern, wohingegen 37% der Verbraucher mehr Transparenz nicht aktiv einfordert und dem Thema Transparenz zufrieden und gleichgültig oder sogar „skeptisch-desinteressiert“ gegenüber steht.

Folglich dürfte es weniger um Transparenz als um einen Dialog gehen. Umso wichtiger ist es somit, in den Dialog zwischen Lebensmittelproduzenten und Verbrauchern zu gehen. Was nützt es, wenn durch die Lebensmittelindustrie immer mehr Informationen bereit gestellt und dies von der Politik gefordert/vorgeschrieben wird, wenn die Verbraucher mit dieser Vielzahl an Informationen überfordert sind oder einfach nichts damit anfangen können oder wollen.

Gleichzeitig zeigt ein aktueller Skandal über teurer verkaufte Bio-Eier, die keine waren, wie wichtig das Wissen um die Prozesse in der Lebensmittelproduktion ist. Nur so kann der Verbraucher nachvollziehen, warum höhere Qualität und eine dem Tierwohl entsprechende Haltung (auch hier stellt sich die Frage, was das genau bedeutet) auch einen höheren Preis mit sich bringen.

Damit wird auch deutlich, dass im Grunde nicht alleine der Verbraucher von einer möglichst hohen Transparenz profitiert, sondern Produzenten und Lieferanten ebenfalls. Nachvollziehbare Futterquellen und weitere nachvollziehbare Produktionsschritte erlauben es, im Zweifel erklären zu können, warum die Dinge so sind, wie sie sind. Letztlich ist dies auch die Grundlage, eigenes Handeln und eigene Entscheidungen als Unternehmer immer wieder zu hinterfragen. Nur dann ist eine immer wiederkehrende konsequente Weiterentwicklung und Anpassung an den Zeitgeist möglich.

Der Zeitgeist ist übrigens eine gute Hilfe, wenn es um die Schaffung von Wertangeboten geht. Wer sagt eigentlich, dass zusätzliche Informationen immer nur vom Gesetzgeber gefordert, trocken und langweilig sein müssen? Sie können durchaus ein zusätzliches Wertangebot für Verbraucher und Produzenten darstellen. In anderen Branchen funktioniert das bereits!

Quellen und weiterführende Informationen:

http://www.wiwo.de/technologie/umwelt/allensbach-umfrage-jeder-zweite-deutsche-kauft-lieber-produkte-aus-der-region/12124462.html

Prof. Dr. Achim Spiller und Dr. Sina Nitzko: Verbraucherverständnis von Transparenz. Göttingen, 2014