Derzeit ist es wichtig, dass alles digital und agil wird. So wird es auch auf den Branchenveranstaltungen propagiert, wie z.B. der LZ OPEN.  Viele Entscheider tun deshalb entweder gar nichts, geben nach kurzen Anfangsaktivitäten mangels Zeit wieder auf oder sie betreiben inhaltlose Programmatik. Und da das, was viele tun, ja nicht falsch sein kann, möchten wir aufzeigen, wie man dabei besonders erfolgreich digital und agil gegen die Wand fährt. Ein nicht ganz erst gemeinter Beitrag, der Ihnen eine andere Sichtweise auf die aktuellen Trendthemen bietet.

Digitalisierung ist das Heilmittel für praktisch alle erdenklichen Probleme im Unternehmen. Führung wird leichter, Mitarbeiter müssen nicht mehr geschult werden, die Produktion läuft selbsttätig und auch der Vertrieb gelingt praktisch wie von allein. Das alles gilt aber nur für ganz bestimmte Betriebe. In anderen Unternehmen spielt Digitalisierung nämlich überhaupt gar keine Rolle und das wird sich auch ganz sicher nicht ändern. Deshalb gibt es auch nur zwei mögliche Strategien, wie man das Thema Digitalisierung im eigenen Unternehmen erfolgreich meistert. Diese hängen von der individuellen Situation des Unternehmens ab.

Finger weg!

Gehört man zu jenen Unternehmen, auf welche die Digitalisierung keinen Einfluss hat, ist es ganz einfach. Man macht einfach so weiter und kümmert sich nicht darum. Denn schließlich betrifft einen das Thema ja nicht und deshalb wäre es ja töricht, sich damit auseinanderzusetzen.  Ein ganz sicheres Indiz dafür, dass man zu genau dieser Kategorie Unternehmen gehört ist, dass anfangs mit hoher Motivation angetriebene Projekte versanden oder nicht den gewünschten Erfolg bringen. Die sind nämlich deshalb versandet oder erfolglos geblieben, weil das Thema eben keine Rolle spielt. Also sollte man keine weiteren Ressourcen verschwenden und weiter machen wie bisher. Es ist besser sparsam den Status quo zu bewahren als in irgendwelche zukünftigen Luftschlösser zu investieren. Investitionen in die Zukunft zahlen sich schließlich immer nur für die aus, die ohnehin keine Probleme haben. Und insbesondere digitale Geschäftsmodelle müssten sich ja innerhalb kürzester Zeit rechnen. Weitere Anhaltspunkte dafür, dass das eigene Unternehmen nicht von Veränderungen durch die zunehmende Digitalisierung betroffen ist, sind fehlende Ideen und die grundlos nörgelnden Mitarbeiter, die das Thema nur deshalb angehen wollen, weil sie zu faul zum Arbeiten sind. Klar ist auch, dass diese Unternehmen natürlich keine agilen Arbeitsweisen benötigen. Das gilt für die meisten verarbeitenden Lebensmittelproduzenten.

Ärmel hochkrempeln und los

Doch kommen wir nun zu den wenigen Unternehmen, die praktisch überall digital werden müssen. Wenn die oben aufgeführten Voraussetzungen bei Ihnen nicht erfüllt sind, gehört Ihr Betrieb zu dieser Kategorie.  Dann müssen Sie handeln! Und zwar agil. Das heißt, möglicht schnell und ohne konkretes Ziel. So ist das eben im digitalen Zeitalter. Schließlich hat man keine Zeit, sich grundständig mit Problemanalysen und einer strategischen Planung zu beschäftigen. Außerdem entwickeln sich die Lösungen der internationalen Technologiekonzerne und Startups so schnell, dass das ohnehin nicht geht. Und da man als agiles Unternehmen auf dem Weg zum digitalen Hidden Champion eine proaktive Fehlerkultur vorleben muss, gehört scheitern natürlich dazu. Wenn man also Projekte beginnt, muss man damit rechnen, dass nicht alle Wege nach Rom führen. Schließlich bedeutet agiles Arbeiten auch iterativ zu arbeiten – praktisch trial and error.

Der digitale Grüß-Gott-August

Doch auch bei aller Agilität muss natürlich ein digitales Aushängeschild Elfenbeinturm her. Ansonsten bekommt niemand mit, wie wichtig das Thema ist und, dass man sich damit ausgiebig auseinandersetzt. Als schnelle und kostengünstige Lösung ist hier am besten eine Stabsstelle ohne Personal- und Budgetverantwortung einzurichten, die die Digitalisierung vorantreiben soll. Damit das reguläre Tagesgeschäft nicht belastet wird, empfiehlt es sich außerdem, diese Position möglichst weitab der Geschäftsleitung oder gar operativer Unternehmensbereiche aufzubauen. Es ist auch sehr empfehlenswert, dass die geschaffene Stabsstelle als ersten Auftrag eine echte Herausforderung bekommt, die im Idealfall im strategischen Bereich aufgehängt ist und alle Unternehmensbereiche umfasst. Zeitlich sollte das natürlich ebenfalls sportlich sein. Schließlich hat die Einführung des ERP-Systems schon ewig gedauert und alle konnten aus den gemachten Fehlern lernen. Da kann man nun wirklich erwarten, dass jemand, der ohne orientierungstiftende einschränkende Vorgaben schalten und walten darf, innerhalb eines halben Jahres an ersten messbaren Ergebnissen bewertet werden kann.

Bedeutungsschwere Programmatik

Damit die Digitalisierung auch schnell vorangetrieben wird, müssen flankierend zur Stabsstelle weitere Maßnahmen umgesetzt werden. Im Idealfall mit einer gewissen Bedeutungsschwere, die sich am besten anhand aktuell populärer Themen umsetzen lässt. Gut eignen sich beispielsweise ein KI-Arbeitskreis, ein Blockchain-Team oder ein kleiner Stoßtrupp, der sich um die Anwendungsmöglichkeiten digitaler Zwillinge im Unternehmen kümmert. Das beste an der Digitalisierung und der agilen Arbeitsweise kommt jetzt nämlich zur Geltung. Da in agilen Teams Kommunikation von besonderer Bedeutung ist und alle ein New Work Mindset haben, bedarf es keiner weiteren Maßnahmen zur Koordination des Ganzen. Auch die Stabsstelle muss darüber nicht informiert werden, schließlich organisieren sich jetzt alle selbst.

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Die Führungskräfte haben nun, wo sie nicht mehr so viel führen und kommunizieren müssen, endlich die Zeit zur Umsetzung längst in Vergessenheit geratener Projekte. Und weil man mit der Zeit geht, werden diese Projekte jetzt auch unter Digitalisierungsaspekten geplant. So könnte man doch anstelle einer langweiligen Planung für die Personalentwicklung ein internes soziales Netzwerk aufbauen, in dem Mitarbeiter ihre Learnings posten und alle einfach automatisch davon profitieren? Posten und Chatten kommt doch sicher besser bei den Mitarbeitern an als eine anstrengende SAP-Schulung. Außerdem ist das eh viel billiger.

Das richtige Projektteam

Bei der Zusammenstellung der Projektteams muss man außerdem besondere Sorgfalt walten lassen. Unternehmer und Führungskräfte wissen, was Veränderungen von Strukturen, Abläufen und Werkzeugen bedeuten. Es gibt viele gute Gründe, warum man entweder nichts ändern oder aber gleich eine Eierlegendewollmilchsau umsetzen sollte. Und da ein Projekt ja etwas ändern soll, braucht man dafür Unterstützer, die das Thema treiben. Es ist also darauf zu achten, dass man möglichst nur Befürworter des jeweiligen Themas involviert. Mögliche Zweifler und bremsende Theoretiker, die von der Praxis keine Ahnung haben, sollten möglichst nicht befragt werden. Vor allem die IT-Abteilung sollte man meiden, da die zwar viel wissen, prinzipiell aber lieber ein stabiles System bewahren als Neuerungen einzuführen. Außerdem haben die ja keine Ahnung von der echten Arbeit im Unternehmen.

Sobald die Projektteams mit der Arbeit beginnen, müssen auch die Projektinitiatoren sofort loslegen, ihre Ideen agil zu überdenken. Schließlich muss man immer auf dem aktuellen Stand bleiben. Neue Erkenntnisse müssen immer sofort in neue Projektziele überführt werden, um keine Chance zu verpassen. Es macht auch überhaupt nichts, wenn die Änderungsgeschwindigkeit auf der Planungsebene größer ist als die Geschwindigkeit der Ausführungsebene. Schließlich wird agil gearbeitet und es sollen möglichst alle Eventualitäten abgedeckt werden können. Man möchte ja keine Insellösung, die nicht zukunftsfähig ist. Bloß keine kleinteiligen Lösungen erarbeiten!

Passendes Consulting

Wenn im eigenen Haus das Know-how fehlt, braucht man Unterstützung. Für Unternehmen bedeutet das häufig den Einsatz von Beratern. Dabei empfiehlt es sich, möglichst viele Fachexperten zu involvieren. Das wären mindestens ein Agile Consultant oder Agile Coach, ein Digital Innovation Consultant, ein Berater für Prozess-Digitalisierung, ein Social Media Berater, ein SEO+SEA-Consultant sowie ein IT-Berater. Oder am besten gleich mehrere IT-Berater, die jeweils mit einem bestimmten Softwareanbieter kooperieren. Setzen Sie keinesfalls auf unabhängige Generalisten, die das Unternehmen als Ganzes betrachten und dann punktuell auf Partner zurückgreifen, die sich einzelnen Bereichen annehmen. Auch auf bereits vertraute Unternehmensberater kann nicht gesetzt werden, da diese Ihrem Unternehmen ja nicht schon viel früher zu den wesentlichen Schritten geraten haben. Außerdem ist es wichtig, einen absoluten Fachexperten auf eine einzelne Digitalisierungsaufgabe zu setzen, damit die jeweils beste Lösung herauskommt. Wer mag schon halbe Sachen. Und wenn die anderen Lösungen damit nicht kompatibel sind, dann gibt es ja sicherlich eine Möglichkeit, die jeweiligen Werkzeuge zu koppeln. Auch dafür gibt es schließlich spezialisierte Berater und so schwer kann das ja auch nicht sein.

Kompetente Mitarbeiter

Und abschließend noch ein ganz wichtiger Punkt, der beachtet werden muss: Im Bereich von Produktion, Logistik etc. sollten gewerbliche Mitarbeiter ohne Leitungsfunktion, Arbeiter und Aushilfen unbedingt von Digitalisierungsmaßnahmen ausgeschlossen werden. Denn erstens haben die keine Kompetenzen, die sie einbringen können, und zweitens brauchen die das ohnehin nicht. Denn am Ende des Tages werden die einfachen Tätigkeiten, die diese Mitarbeiter übernehmen, ohnehin vollautomatisch ablaufen.

Entlang der Wertschöpfungskette der Lebensmittel ist es für die meisten Betriebe wichtig, zu erkennen, dass sich ohnehin nur die wenigsten Unternehmen mit Digitalisierung und Co. auseinandersetzen müssen. Neue Trends und Technologien spielen in der Regel keine Rolle. Warum auch? Denn der Weizen wächst weiter auf dem Acker und gegessen wird immer!

Und die Moral von der Geschichte

Wenn Sie mit Ihrem Unternehmen mittelfristig gegen die Wand fahren möchten, beherzigen Sie die oben genannten Ratschläge. Wenn nicht, verhalten Sie sich unbedingt anders.