Blockchain-Technologie gehört zu den derzeit am meisten diskutierten Zukunftsthemen. Die ursprünglich als digitale Währung Bitcoin (Kryptowährung) entwickelte Verfahrensweise bietet in vielen anderen Anwendungsbereichen enorme Potenziale. Auch Akteure entlang der Wertschöpfungskette der Lebensmittel können von dieser Technologie profitieren. Wir möchten nachfolgend Anwendungsbereiche aufzeigen.

Das wichtigste Glied der Wertschöpfungskette der Lebensmittel ist die Landwirtschaft. Derzeit erfolgt die Vermarktung landwirtschaftlicher Rohstoffe zu großen Teilen über Handelsstrukturen mit vielen zwischengeschalteten Akteuren. Die Landwirte haben folglich nur eine geringe Sichtbarkeit beim Konsumenten. Eine weitere Problemstellung vieler Landwirte ist, dass sie nur ein kleines Produktportfolio haben. Die Konsequenz: Hohe Risiken im Fall von klimatischen Schwankungen und Schädlingen. Außerdem haben sie praktisch keinerlei Hebel, um an Abhängigkeiten von den etablierten Strukturen etwas zu ändern.

Die Einführung von Blockchain-Technologie wird neue Handelssysteme hervorbringen. Das ist insbesondere für die Finanzierung, die Produktionsplanung sowie für Vermarktung und Vertrieb der landwirtschaftlichen Urproduktion von enormer Bedeutung. Direktvermarktung wird nicht die Ausnahme, sondern vielmehr die Regel werden. Davon werden insbesondere kleinere und mittlere Produzenten profitieren. Innerhalb der Handelssysteme werden auch regionale Handelsplätze entstehen, die zur regionalen Bindung von Kapital führen. Das ist sowohl für Entwicklungsländer als auch für die ländliche Entwicklung der Industrienationen von Bedeutung.

Von Bedeutung ist auch die Sicherheit von Lebensmitteln. Dabei gilt der Sicherstellung der Unbedenklichkeit von Lebensmitteln das größte Augenmerk. Durch Blockchain-Technologie können die Wege der Versorgungskette transparent nachvollzogen werden. So sind auch Verunreinigungen besser zurück verfolgbar. Das ist sowohl im Betrugsfall als auch im Falle von Unfällen von Bedeutung. Weiterhin kann die Garantie für eine bestimmte Regionalität erhöht werden. Und in Verbindung mit IoT-Technologien kann in vielen Anwendungsfällen eine praktisch lückenlose Sicherheit und Nachvollziehbarkeit erreicht werden. Für Hersteller von Verpackungen und Logistikunternehmen entstehen neue Geschäftsmodelle, deren Wertangebote sie sowohl dem Handel als auch den Konsumenten anbieten können.

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Auch dann, wenn in vielen Bereichen die Direktvermarktung zunehmen wird, eröffnen sich dem Handel ebenfalls neue Geschäftsfelder. So wird dem stationären Lebensmitteleinzelhandel durch Blockchain-Technologie die regionale Urproduktion kostengünstig zugänglich gemacht. Aber auch der Onlinehandel mit Lebensmitteln durch regionale Händler wird davon profitieren. Einen besonderen Schub wird es im HoReCa-Segment geben, da lokale Lebensmittel nun nicht mehr aufwändig durch eigene Akquisition, sondern auch durch den Handel zuverlässig und transparent geliefert werden. Das, was man als Farm to Fork, Farm to Table oder Farm to School propagiert, kann vom Einzelfall zum Regelfall werden.

Da die Blockchain viele bisher nötige Intermediäre überflüssig macht, ist sie einer der zentralen Treiber für den Wandel der Wertschöpfungskette hin zu einem dynamischen Wertschöpfungsnetzwerk. Über diesen Sachverhalt sollten sich alle Akteure der Wertschöpfungskette der Lebensmittel im Klaren sein.

Die großen Distributoren und Logistiker sowie die großen Produktions- und Handelskonzerne werden allerdings erst in diese Technologie einsteigen, wenn Sie durch Konsumenten dazu gezwungen werden. Nicht zwingend alle Teilnehmer der Wertschöpfungskette haben ein Interesse an erhöhter Transparenz und einem Wegfall von Intermediären.

Es ist weiterhin davon auszugehen, dass die Treiber dieser Technologie im Lebensmittelumfeld nicht auf dem deutschen Markt starten werden. Beispielsweise ein großes, vielversprechendes Projekt, dessen Finanzierung mittels eines ICO unmittelbar bevorsteht, wird laut Plan erst in Asien starten, bevor der europäische Markt ein Jahr später aktiv angegangen wird. Das bietet den europäischen Marktteilnehmern den Vorteil, die Entwicklung anfangs zu beobachten und sich mit einem ausreichenden Zeitfenster auf die Technologieadaption vorzubereiten.

Wie man in das Thema einsteigen kann, ist in unserem Artikel Erste Schritte zum Einstieg in die Blockchain-Technologie im Lebensmittelumfeld beschrieben.